heilpädagogisches Förder- und Therapiekonzept
bei Dyskalkulie - Rechenschwäche und Wahrnehmungsstörungen
Aber Achtung!!! Viele Kinder haben anfangs in diesen Bereichen Probleme! Das bedeutet deshalb nicht zwingend, dass sie deswegen auch unter Dyskalkulie, bzw. Rechenschwäche leiden!
Lediglich wenn die Lernschwierigkeiten nicht altersgemäß sind und trotz gutem Unterricht hartnäckig anhalten, sollte man genauer hinsehen.
Bei Dyskalkulie sind, bedingt durch die zugrunde liegenden Wahrnehmungsstörungen, meist auch weitere schulische Fächer oder der Alltag des Kindes betroffen. (2.2)
Das Kind soll eine kleine Menge ohne zu zählen
Die 100 zusammengepressten Perlen im Hunderterquadrat sind die gleiche Menge Perlen wie die 10 verstreuten Zehnerstäbchen.
Eine Flüssigkeitsmenge bleibt gleich, auch wenn sie in verschieden geformte Gefäße umgeschüttet wird
Was bedeuten klein – niedrig – dünn – kurz - leicht - tief - flach?
Was bedeutet höher - tiefer - nach - vor - geradeaus - rückwärts - hinten- nachfolgend - zwischen u.v.m.?
Für uns ist das selbstverständlich. Aber die Bedeutung muss im frühen Alter körperlich-sinnlich begriffen worden sein. Kinder mit Wahrnehmungsstörungen und Entwicklungsverzögerungen, mangelhaft ausgebildetem Körperschema tun sich da schwer, aber auch den modernen Fernsehkids fehlt es an elementaren Grunderfahrungen.
Auch unbestimmte Zahlwörter brauchen eine innere Vorstellung.
Was bedeutet – keine – einige – alle –halb – doppelt – weniger?
Die Verinnerlichung dieser Begriffe und der dazugehörigen Handlungen sind zunächst notwendiger, als unentwegt das Rechnen üben.
Was unterscheidet gerade und ungerade Zahlen?
Auch hier gibt es hervorragendes Montessori Mathematik-Material, mit dem das gut erfasst werden kann.
Das Kind hat keine innere Vorstellung von der Zehnerergänzung
1+9=10
8+2=10
7+3=10
4+6=10
5+5=10
Das sichere Wissen um die Zehnerergänzung ist Grundlage bei allen späteren Rechenoperationen. Es muss verinnerlicht haben, dass die 10 in 8+2, 9+1, 7+3, 6+4 und 5+5 gegliedert ist.
Die Null bedeutet einmal "nichts", also völlig unwichtig. Aber im Dezimalsystem und in den Grundrechenarten ist sie plötzlich entscheidend.
Schwer zu begreifen!
Schwierigkeiten mit den Grundaufgaben im Zahlenraum bis 20. Immer noch müssen auch einfache Plus- und Minusaufgaben durch Abzählen gelöst werden.
Es fehlt die innere Vorstellung einer Menge. Z.B. 6 ist „einer mehr, als ich Finger an der Hand habe“, 36 ist deutlich weniger als 63, fast die Hälfte usw.
Die Menge, das gesprochene Zahlwort und die dazugehörige Ziffer muss verknüpft werden. Viele Kinder benennen zwar Zahlwörter, aber haben trotzdem nicht verinnerlicht was eben z.B. 73 bedeutet, wie sich 6 "anfühlt" usw.
Das Kind verwechselt die Grundrechenarten, begreift und versteht nicht wirklich den Unterschied und das was bei plus - minus - mal - geteilt eigentlich passiert. Bei „Plus“ kommt was dazu und danach hat man mehr als vorher. Bei „Minus“ wird etwas weggenommen, das Ergebnis ist weniger. „Malnehmen“ ist eigentlich eine Plus-Aufgabe 3x4 = 4+4+4 . Beim Teilen wird gerecht verteilt und das Ergebnis ist, was jeder Einzelne erhält.
Diese Aufgaben fallen dem Dyskalkulie-Kind besonders schwer. Es muss sozusagen "um die Ecke" denken um die Zusammenhänge bei Tausch-, Umkehr- und Ergänzungsaufgaben zu erkennen und anzuwenden.
Geometrische Körper: Zylinder - Gegenstände in Zylinderform - Abbildungen von zylinderförmigen Gegenständen Das Merkmal eines Zylinders ist :2 runde Grundflächen, dazwischen gekrümmt. Der Körper kann sowohl "gerollt" als auch "aufgestellt" bzw. "gekippt" werden. (Der Kegel hat ähnliche Eigenschaften, jedoch nur 1 runde Fläche, die andere Seite ist spitz.) Es geht also darum, die Struktur eines geometrischen Körpers zu "begreifen" und aus den verschiedenen Farben und Größen die Wesensmerkmale herauszufiltern. Montessori-Material bietet exzellente Chancen dies, im wahrsten Sinne des Wortes, zu "begreifen".
Aufgabe: Drei Kinder, ein Baby, drei Puppen baden in der Wanne. Frage: Wie viele Hände und Füße sind das zusammen? Rechnung: ... Antwort: ... Es fällt dem Kind schwer die Sachinformationen herauszufiltern und sich die Handlung innerlich vorzustellen. D.h. es muss zum Lösen von Sachaufgaben eine abstrakte Denkleistung erbringen und operative Vorstellungen entwickeln.
Auch die Reihenfolge der Lösungsschritte, Frage - Rechnung - Antwort einzuhalten, ist nicht einfach.
Maße erfassen und vor allem umrechnen (Kilogramm in Gramm oder Meter in Zentimeter) kg in g, oder gar unterschiedliche Einheiten vergleichen und ordnen benötigt viel räumliche Vorstellungskraft.
Im Dezimalsystem unterscheiden wir zwischen Hunderter - Zehner – Einer. Wie setzt sich die Zahl im Dezimalsystem zusammen? Die Erfassung des Dezimalsystems ist für sehr viele Kinder schwer.
Eine Vorstellung des Zehnersystem innerhalb der Stellenwerte (Einer, Zehner, Hunderter, Tausender) zu entwickeln bereitet aber den meisten Kindern anfangs Probleme.
Sich auf der analogen Uhr mit Ihrem Ziffernblatt zurecht zu finden ist für Dyskalkulie Kinder mit Wahrnehmungsstörungen im visuell räumlichen Bereich unglaublich schwer.
Aber auch hier gibt es gutes handliches Material zum Erlernen und Begreifen
Zahlendreher im Dezimalsystem treten auf. Die Anordnung der Ziffern im Stellenwert. Ziffern werden verdreht, Zehner und Einer vertauscht.
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Der Grund ist, dass das Gefühl für die Raum-Lage Beziehung beeinträchtigt ist und auch keine wirkliche Mengen-Zahl Vorstellung besteht. D.h. zwischen 27 und 72 ist ja mengenmäßig ein ziemlicher Unterschied, aber das Kind "begreift" es nicht, hat keine innere Vorstellung von der Menge.
Daher fällt das Auf- und Abrunden der Zahlen auch sehr schwer. Dem Kind ist nicht deutlich, wo die Zahl im Zahlenraum sich befindet. Vor allem wenn Wahrnehmungsstörungen im visuell-räumlichen Bereich vorhanden sind.
Die Kinder haben große Schwierigkeiten mit Geld umzugehen. Ein Punkt ist das Erfassen der Stellenwerte (Cent, 10Cent, Euro usw.). Auch fällt ihnen Runden und Abschätzen sehr schwer. Zum Beispiel die Frage, ob das Geld reicht oder wie viel etwas „ungefähr“ kostet. Auch können sie das "Wechselgeld" nicht abschätzen und kontrollieren.
Aber Dyskalkulie ist nicht auf Rechnen beschränkt, auch andere Fächerübergreifende Bereiche und Alltagskompetenzen können dadurch schwer beeinträchtigt sein.